Zur Fotoausstellung "Heilige Kuh" im Kulturreferat München (21.3.2002-19.4.2002)
Burgstr.4, geöffnet Mo-Fr 9-18 Uhr


Warum sind Indiens Kühe "heilig" ?

In Indien wird "heilig" zu einem erlebbaren Gefühl. Sicherlich ist das ein wesentlicher Grund für unsere wiederholten Reisen dorthin.
Es beginnt mit dem Gefühl von Dankbarkeit. Wenn sich Dankbarkeit nicht nur gegenüber einer Person oder einem Ding zeigt, sondern wenn Dankbarkeit ganzheitlich und zweckfrei wird, so stellt sich ein Gefühl von Liebe ein, welches zu "heilig" wird. Dieses Gefühl schafft eigene Regeln und Gesetze. Man wünscht, daß es allen Wesen gutgeht, man fühlt eine Einheit mit Berg, Fluß, und Erde, man hofft, Gutes tun zu können.
Was uns am Hinduismus fasziniert, ist wohl, daß zuerst das Erlebnis und das Gefühl zu uns kommt, und dann erst die Theorie dazu gebracht wird. Auf einem Pilgerpfad im Himalaya sagte einst ein Sadhu zu mir: Sind bei euch die Berge und Flüsse und die Kühe nicht heilig?
Das Rind wird im Hinduismus als ein freies Wesen angesehen. In der Tat scheint es freier zu sein als der Mensch, denn es kennt kaum Abhängigkeit. Zu fressen findet es überall, es frisst alles mögliche, daher ist es nicht einmal vom Ort abhängig. Die Rinder in Indien treten fast immer ruhig und gelassen auf, haben sie doch kaum Grund, sich Sorgen zu machen.
Sehr wohl aber ist der Mensch dem Rind zu Dank verpflichtet. In Benares sah ich einmal eine sehr stolze Kuh auf einem Beton-Podest sitzen. Ihr Blick sprach Bände. Es war als wollte sie uns sagen: "Schau nur, sie holen sofort jeden Scheißhaufen, den ich fallen lasse. Und ich weiß, dort vorne gibt es einen Laden, in dem meine Haufen verkauft werden."
Tatsächlich werden die Kuhfladen getrocknet und als Brennmaterial verwendet. Außerdem wird das Zeug als Billigzement und Baumaterial eingesetzt.
Alles, was vom Rind kommt, wird gebraucht und verwendet. Nicht nur Milch und Arbeitskraft. Wir konnten an einem Tempel beobachten, wie eine Kuh urinierte, und sofort war jemand zur Stelle, der diese kostbare Flüssigkeit in eine Flasche abfüllte. Sie verwenden das für medizinische Heilanwedungen.


    

Kühe am Tempel

Oft kann man am Tempel beobachten, daß da Frauen vor Bergen mit Grünzeug sitzen und die Kühe darum herumstehen. Die Frau hat meistens einen Stock, um das Grünzeug zu verteidigen, denn es soll als Opfergabe verkauft werden. Erst dann, wenn jemand kommt, der das Grünfutter bezahlt, bekommt die Kuh was zu fressen. Die Kühe zeigen sich aber kaum einsichtig...

 

Die Wüstenkuh

Man hört, daß die Kühe in Indien oftmals weniger als einen Liter Milch am Tag geben. Wundern tut das niemand, denn das Land ist streckenweise sehr karg bis wüstenhaft, und die Tiere sind darauf angewiesen, ganz andere Dinge zu fressen, als ihrer Natur angemessen ist.
Es war in der Wüste Rajastan, als der Bus, mit dem ich fuhr, an einem Polizei-Check-Post anhielt. Ein Polizist saß an einem im Freien aufgebauten Tisch und las die Tageszeitung. Von hinten schlich sich geduldig eine Kuh an den Polizisten an, und plötzlich fraß sie ihm die Zeitung von der Hand weg. Das gab ein Gelächter im Bus.
Wenn man seine Kleidung an die Wäscheleine hängt, so bleibt man besser wachsam, denn die Kühe fressen auch Textilien.
Man kann auch Kühe beobachten, die am Meer sitzen, und in aller Ruhe auf einem Tau herumkauen, das die Fischer liegengelassen haben.

So erfüllen die Rinder eine wichtige Funktion: Sie sind oftmals die einzig verläßliche Müllabfuhr. Aber leider verendet heutzutage so manch ein Tier an viel zu vielen Plastiktüten im Bauch.
Und so träumt man in Indien von der genveränderten Kuh, die auch Plastik zu Brennmaterial verarbeitet.

 

BSE - Tower

Weithin sichtbar über die Dächer von Bombay kann man ein Gebäude sehen, das die Aufschrift BSE trägt. Das Gebäude steht im Geschäftsviertel Bombays, die Aufschrift bedeutet:
Bombay Stock Exchange, es ist die Börse von Indien.
 
Das gibt zu denken! Die Krankheit BSE ist eigentlich deshalb aufgetreten, weil ausschließlich zu 100% profitorientiert gehandelt wurde. Nachdem es bisher nicht gelungen ist, etwas zu tun gegen die (tier- und) menschenverachtenden Auswirkungen unseres Monopolkapitalismus, und auch weiterhin wohl kein Konsens für tiefgreifendere Veränderungen besteht, weden wir vielleicht eintreten in ein Zeitalter, in dem uns immer schlimmere "Profitseuchen" plagen werden.
 

 
Zitat aus
Srimad-Bhagavatam
Band1, Kapitel 17, Vers 6-9:

 
Du Schurke, du wagst es, eine unschuldige Kuh zu schlagen, nur weil Krischna und Arjuna, der Träger des Gandiva-Bogens, außer Sicht sind? Da du ein unschuldiges Geschöpf an einem entlegenen Ort schlägst, bist du schuldig und verdienst es, getötet zu werden.
 
Darauf fragte er den Stier: Wer bist du? Bist du ein Stier, so weiß wie ein Lotus, oder ein Halbgott? Du hast drei Beine verloren und bewegst dich nur noch auf einem fort. Bist du ein Halbgott, der uns in Gestalt eines Stieres Kummer verursacht?
 
Heute sehe ich zum ersten Mal, daß du in einem Königreich, das von den Waffen der Könige der Kuru-Dynastie beschützt wird, mit Tränen in den Augen klagst. Bisher hat niemand auf der Erde jemals Tränen vergossen, weil die Könige ihre Pflicht vergaßen.
 
O Sohn der surabhi, du brauchst jetzt nicht länger zu klagen. Du hast von diesem sudra niedriger Herkunft nichts mehr zu befürchten. O Mutter Kuh, solange ich als der Herrscher und Bezwinger aller leiderfüllten Menschen lebe, wirst du nicht mehr zu weinen brauchen. Alles wird sich zum Guten wenden.
 
Zur Erläuterung noch Band1, Kapitel 17, Vers 24+25: Im Zeitalter des Satya (Wahrhaftigkeit) wurden deine vier Beine durch die vier Grundsätze der Entsagung, Sauberkeit, Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit gebildet. Aber offensichtlich sind drei deiner Beine durch überhandnehmende Gottlosigkeit in Form von Stolz, Leidenschaft und Berauschung gebrochen. Du stehst jetzt nur noch auf einem Bein, nämlich deiner Wahrhaftigkeit, und humpelst so irgendwie umher. Doch der Zank in Person (Kali), der durch Betrug blüht, versucht auch dieses Bein zu zerstören.